Informationsbedürfnisse zwischen Pertinenz und Serendipität


hm, an sich wollt‘ ich folgenden Kommentar ins Kommentarfeld des Blog-Posts

Algorithmen und das mechanistische Weltbild ihrer Kritiker und Anwender

schreiben:

“ Inmitten der Lektüre von „NEXT“ hab‘ ich Ihren Artikel nun zur Algorithmensammlung http://sensiblochamaeleon.blogspot.com/2013/04/algorithmen.html  hinzugefügt. Das Thema bleibt aktuell, da diese Handlungsvorschriften und Befehlsketten von Sortierverfahren und automatischem Handel über korrupterweise Relevanzen verdrehende Suchmaschinenergebnisse bis hin zu gefilterter Kommunikation, Roboterjournalismus, automatisierter Navigation innerhalb #bigdata und Mustererkennung uvm. unsren Alltag beträchtlich mitgestalten. Die Kritik des verdünnten Handlungsbegriffs in der Soziologie fordert, über die eventuell geschmacksverirrten Köche (Programmierer) zu sprechen, anstatt deren Rezepte (Algorithmen) zu personifizieren, mystifizieren oder dämonisieren. http://soziologie.de/blog/?p=964 . Medienkompetenz könnte heißen, bewußter zu werden, immer wieder mal, falls möglich, Skriptblocker einzusetzen, sich von den Userinterfaces zu distanzieren und selbst eine vielfältige Auswahl an analogen und digitalen Quellen zu treffen oder sich zumindest die jeweiligen Datenanbieter genauer anzuschauen. Wobei ein Information Retrieval ohne Algorithmen ebenso undenkbar ist  wie ein Wikipedia ohne Bot-Wartung. So findet sich die dem mechanistischen Determinismus widersprechende Serendipität schon seit längerer Zeit beispielsweise in Form des Zufallssurfermodells im Pagerank-Algorithmus. Ebenso enthalten die automatischen Qualitätskriterien-Bewertungssysteme des Information Retrieval mindestens seit Aquaint und Webtango nondeterministische Maße wie z.B. Pertinenz und Informationsbedürfnis, ob berechenbar, meßbar, ethisch vertretbar oder nicht. In Gridcomputing- und Großrechnerzeiten ist die Rechenkraft für hochkomplexe Zusammenhänge in Politik, Meteorologie oder Ökologie ohne Zweifel vorhanden, FB’s Presto analysiert 300 Petabyte in Echtzeit und das Global Consciousness Projekt in Princeton gibt’s jetzt auch schon seit 1998 https://de.wikipedia.org/wiki/Global_Consciousness_Project  http://noosphere.princeton.edu/

Das hat aus irgendeinem Grund nicht funktioniert, wobei 2 kürzere Komments in andere Artikel desselben Blogs sehr wohl zustande kamen….So probierte ich es nach mehreren gescheiterten Versuchen, leicht erstaunt und frustriert, mit demselben, leicht abgewandelten Kommentar bei 2 ähnlichen Artikeln zum selben Thema: Bei diesem http://www.jazzblog.de/jazzlounge/2013/01/der-algorithmus-wo-ich-immer-mit-muss/ und diesem http://www.ctrl-verlust.net/ego-die-eierlegende-wollmilchsau-des-bosen/ . Doch auch hier: Fehlanzeige, obwohl mein Komment inhaltlich einiges zu den laufenden Algorithmen-Diskursen beigetragen hätte.Haben Algorithmen dafür gesorgt, daß ich 3 bestimmte Artikel nicht kommentieren durfte, war es die grassierende Überbewertung der Aktualität oder widersprach etwas in meinem Komment grundsätzlich dem Gusto der Verfasser ? Mittlerweile bin ich durch den von Algorithmen in der Wir-Form verfaßten Part von Miriam Meckel’s NEXT durch und werde demnächst den Menschen-Part lesen. Es fiel mir stellenweise schwer, den seltsam persönlich anmutenden Erörterungen der „deī ex machina“ zu folgen; zunächst umgarnen sie einen mit menschlicher Sprache und frappieren einen dann mit ihrer unmenschlichen bis faschistoiden Effektivitäts-Optimisation. Prof.Dr.phil.Miriam Meckel treibt die unlogische Personifikation von Algorithmen ad absurdum. Eine KI spricht zu uns kalt und unbarmherzig in der Wir-Form, menschliche Schwarmintelligenzen kontrastierende elektronische Geister im Stil von „wir sind Viele“ offenbaren eine systematisch irrsinnige Logik. So ist das von der Verfasserin beabsichtigt, das erleichtert die Distanz zur mmi. Einerseits betreibt sie genau die falsche Personifikation, von der die Soziologie in ihrer Kritik des verdünnten Handlungsbegriffs weg will, indem sie die literarische Figur „Wir Algorithmen“ zu Wort kommen läßt, andererseits ließe sich durch eine simple Ersetzungsvorschrift von „Wir Algorithmen“ = „Wir Programmierer von Algorithmen“ dieses Fantasieprodukt im Sinne der soziologischen Kritik konkretisieren. Was rational betrachtet grundfalsch ist, darf die Literatur allemal: Einer Abfolge von Rechenschritten eine Seele verpassen. Algorithmen haben kein Ich, sie denken nicht. Sie sind Abläufe von Befehlen. Maschinen denken nicht, deren Erbauer sehr wohl. In „NEXT“ zeigen Algorithmen die simulierte Emotionalität von Menschen. So weist die Kommunikationswissenschaftlerin Meckel mit ihrer Fiktion nach, wie absurd eine Steuerung menschlicher Beziehungen,Verhaltensweisen und kleinen Rebellionen durch automatisierte Handlungsvorschriften ist. Schon an den Kapitelüberschriften des ersten Teils namens „Erinnerungen eines ersten humanoiden Algorithmus“ wird deutlich, mit welchen Werten zwischen Mathematik und Mensch sich heutige Algorithmenprogrammierer so beschäftigen:

|||||erkennen–denken–irritation–quellcode–status updates–schoepfung–fragmente–remix–nemesis–selbstvermessung–default–enhancement–standby–narziss–livestream–zufall–theorie–ermessen–vergessen–reputation–universalität–overlords–schnittstellen–einzigartigkeit–avatar–kommunikation–glueck–respekt–freiheit–hybris|||||

Erweitert wird dies allein schon durch die einleitende Reduktion des sehr menschlichen Kontexts auf das Arrangement dieser Kapitelüberschriften in einem Flußdiagramm.

NEXT ist eine gute Hilfestellung, um den Verlockungen der Automation dort, wo sie nicht angebracht ist, zu widerstehen, und zu erkennen, daß eine übertriebene Technifikation von Kommunikation und Verwaltung, wie sie heutzutage an vielen Stellen stattfindet, keine Verläßlichkeit unabhängig von Emotionen bedeutet und sogar durchaus gefährlich sein kann. Miriam Meckel belegt dies anhand zahlreicher aktueller Zitate mithilfe des rhetorisch trickreichen „pluralis algorithmitatis“.  Wer sich durch die rechnerisch optimierten Erläuterungen der personifizierten Rechenschritte durchgequält hat, lernt hierbei einiges über teils katastrophale Folgen der Eigendynamik in der Anwendung von Schemata für durchkalkulierte User-Datenmengen, die auf Menschen nicht passen können und das Wesentliche weglassen.

Kaum ersetzt jemand das ständige „Wir Algorithmen“ durch „Wir Programmierer“, kommt der tiefsinnige Leser vielen technokratischen Disastern als Zusammenspiel ultrakomplexer Medienillusionen mit verqueren Rechenschritten zumindest von der Oberfläche her ganz gut auf die Schliche.

Ebenso gibt „NEXT“ das problematische Verhältnis von den Meta-Ebenen der angeblich kaltherzigen, reinen Mathematik zu menschlichen Faktoren wie Pertinenz und Informationsbedürfnis wieder.

Nicht zu vergessen: In Wirklichkeit stehen Interessen von Programmierern und deren auftraggebenden Firmen hinter den teils fragwürdigen Auswahl- und Datensammelverfahren durch Algorithmen.

(Fortsetzung, Korrektur und Ergänzung folgen nach der Lektüre von Teil2: „Erinnerungen eines letzten Menschen“)

_______________

Algorithmen als autonome Akteure? | Prof. Jo Reichertz in SozBlog 24.2.2013 http://soziologie.de/blog/?p=964

NEXT-Erinnerungen an eine Zukunft ohne uns | Prof.Dr.phil. Miriam Meckel 

 

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